Wohnwagen – die einen lieben sie, für die anderen sind es rollende Strassensperren – wie in der Schweiz, wo Wohnwagen zunächst einen besonders schweren Start erdulden mussten. Und wer sich mit den rollenden Ferienheimen moderner Prägung nicht anfreunden kann, findet vielleicht unter den Ferienträumen vergangener Tage eine heimelige Alternative.
Als erster Wohnwagen der Geschichte gilt William Gordon Stables „The Wanderer“ von 1885. Stables Wagen unterschied sich nur in einem von den rollenden Heimen des fahrenden Volkes: Er war zu reinem Freizeitvergnügen unterwegs! Während im Vereinigten Königreich sich bereits 1907 ein Wohnwagenclub formierte, noch ausschliesslich mit Hippomobilen, so dauerte es hierzulande wesentlich länger, bis die ersten Wohnwagen auf dem Schweizerischen Strassennetz auftauchten. Einer der Gründe dazu war die Opposition der traditionellen Fremdenverkehrsbetriebe gegen diese Form des Reisens. Vordergründig auf die spezielle Schweizer Topografie verweisend, erwirkte der Hotellerie eine restriktive Gesetzgebung bezüglich Anhängern an Personenwagen. Diese durften mit der Einführung der nationalen Strassenverkehrsgesetzgebung 1932 nicht breiter als das Zugfahrzeug, und nicht länger als 3 Meter inklusive Deichsel ausfallen. Zu solcher Winzigkeit gezwungen, waren Wohnwagen in der Schweiz quasi verboten. Einzige Ausnahme bildete 1939 die Landesausstellung in Zürich, zu der für 3 Wochen ausländische Caravan-Fahrer eingeladen wurden, sich zu präsentieren. Ziel der Aktion war das Sammeln von Erfahrungen mit dieser Art Fahrzeugen auf unseren Strassen. Mit dem Kriegsausbruch indessen erübrigte sich eine weitere Beschäftigung mit dem Thema.
Während sich nach 1945 Europa bemühte, überhaupt wieder mobil zu werden, gab es einige Privilegierte, die nicht nur die Anschaffung eines Autos, sondern auch ihre Freizeitgestaltung beschäftige. Im angrenzenden Ausland bereits hinlänglich etabliert, erweckte das Caravaning nun auch in der Schweiz ein echtes Interesse. O.F.A. Bally, Geschäftsleiter der Firma Holka von Ernst Göhner, Importeur der populären DKW, nahm als erster die Herausforderung der Schweizer Verhältnisse an und präsentierte 1949 den „Wigwam Liliput“, den ersten Wohnwagen aus Schweizer Produktion. Wahrhaft ein Zwerg, bediente sich das Wägelchen eines Tricks um trotz 3 Metern Gesamtlänge genügend Schlafraum zu bieten: Der Fussraum für das Bett lässt sich ausklappen! Als Schuhschachtel tituliert, gibt sich diese Kreation verglichen zu ausländischen Caravans zwar bescheiden, war aber auf Campingplätzen hierzulande nebst all den Zelten wohl eine auffallend komfortable Alternative.
Auf den Geschmack gekommen und sich dem Trend nicht länger erwehrend, öffnete sich schliesslich auch unser Land 1950 dem Wohnwagen und erlaubte fortan Anhänger bis 5.50 Meter Länge und 2.10 Meter Breite, immer noch ein Sonderfall zwar – zahlreiche grössere Wagen mussten mit gekürzten Deichseln auskommen, mit Konsequenzen auf deren Fahrverhalten – doch nun immerhin mit genügend Fläche um zu „wohnen“. Dank der EU-Harmonisierung sind mittlerweile gar sämtliche „insuläre“ Extravaganzen schweizerischer Prägung im Caravaning verschwunden.
Oldie-Caravaning – eine Familiensache!
Wer die Oldtimerei familienfreundlich gestalten will, beschafft sich einen historischen Wohnwagen, so jedenfalls sieht es ein Luzerner Architekt, dessen historischer Automobil-Fuhrpark mittlerweile konsequent mit Anhängerkupplung versehen ist. Für Ferien, Wochenendausflüge, Oldtimertreffen oder einfach weil der investierten Arbeit für das Suchen und Restaurieren auch eine Zeit des Geniessens folgen sollte, ist ein Wohnwagen erste Wahl. Während sich die Zugwagen dank Massenherstellung zu immer grösserer Uniformität hin entwickelten, bewahrten sich Wohnwagen über eine lange Zeitspanne ihre individuelle, handwerkliche Fertigung. Dies macht die Auseinandersetzung spannend, viele Felder sind noch weitgehend unbeschrieben, und eine Restauration relativ einfach und darum umso befriedigender – vom realen Nutzwert danach ganz zu Schweigen. Mehr noch als die entsprechenden Zugfahrzeuge vermitteln alte Wohnwagen einen intimen, heimeligen Einblick in die vermeintlich gute alte Zeit, als eine Reise nach jenseits der Alpen noch Abenteuer und die Adria so fern wie heute die exotischsten Reiseziele schien.